Mein innerer Kompass zeigt nicht nach Norden

Was ist das überhaupt – ein innerer Kompass? Besitzt du einen?

Ohne Frage. Es ist wichtig, eine grobe Richtschnur für sein Leben zu haben.

Doch muss es gleich ein kompletter Lebensentwurf sein?

Reichen nicht auch Werte, die man in sein Leben integriert hat, um auf Kurs zu bleiben?

Klar. Entsprechend der eigenen Werte und Ansichten gibt es stets einige Punkte, die man in seiner eigenen Zukunft erfüllt sehen möchte.

Die Herangehensweise, wie man sich auf diese Dinge zubewegt, variiert dabei von Person zu Person genauso stark, wie die Ziele selbst.

Manch eine/r wird vielleicht einem genauen Plan folgen. Vielleicht sogar mehreren.

Der hat dann einen Ein-Jahres-Plan, einen Fünf-Jahres-Plan, einen Zehn-Jahres-Plan, vielleicht sogar einen 25-Jahres-Plan.

Da werden dann bestimmte Meilensteine, Check-Points oder andere objektiv messbare Ereignisse als Kontrollmechanismen genutzt um zu überprüfen, ob man sich auf dem richtigen Weg befindet.

Der Vorteil dieser Art sein Leben zu gestalten ist, dass es sich hierbei um einen gleichförmigen Prozess handelt. Das Leben dieser Person ist planbar und ähnelt einer geraden Linie.

Warum dein innerer Kompass nicht nach Norden zeigt. Innerer Kompass, Landkarte.

Für eine andere Person sind es vielmehr die groben Ziele und Leitlinien, die wie ein innerer Kompass wirken. Dieser Kompass zeigt stets auf das, was der Person wichtig ist und wo sie sich selbst vielleicht eines Tages sehen möchte. Der Vorteil dieser Herangehensweise ist ihre Flexibilität. Sie bietet die Möglichkeit mal in die eine, mal in die andere Richtung zu gehen.

Der Kompass dreht sich immer mit und zeigt ziemlich zuverlässig an, ob man noch ungefähr in die gewünschte Richtung geht. Hierbei weicht der Kurs gerne mal um ein paar Grad vom direkten Weg ab. Im besten Fall stimmt aber stets die ungefähre Himmelsrichtung. Eine Person, die ihr Leben flexibel anhand ihres inneren Kompasses beschreitet, bemerkt auch sehr schnell, wenn sie in die genau gegensätzliche Richtung unterwegs ist.

Beide Methoden – und alle anderen Zwischenformen und Herangehensweisen – haben ihre eigenen Vor- und Nachteile.
So gelangt die Person, die messbare Ergebnisse und Stationen abfährt, vielleicht einige Jahre früher an ein vorher definiertes Ziel.

Der Knackpunkt liegt meines Erachtens in Folgendem:

Ziele, Werte und Ansichten verändern sich über ein Leben hinweg stets ein bisschen.

Das kann dazu führen, dass eine Person, die ihre vorher festgelegten Meilensteine verfolgt, eines Tages vielleicht an ihrem Zehn-Jahres-Ziel ankommt und feststellt, dass dieses Ziel gar nicht mehr so richtig für sie passt. Sie hat sich zwar genau an ihren eigens kreierten Plan gehalten, hat aber zwischendurch keine Zielüberprüfung vorgenommen.

Das Ziel, welches verfolgt und erreicht wurde, war zu statisch.
Die Person, die ihr Leben etwas flexibler gestaltet, mal rechts, mal links, mal zurück oder mal im Zick-Zack geht, hat da einen gewissen Vorteil. Denn die Zielüberprüfung findet beinahe automatisch statt und gleichzeitig erfolgt auch die Korrektur des Kurses.

Denn der Kompass stellt sich automatisch auf das nun leicht veränderte Ziel ein. Er funktioniert nach wie vor genau gleich. So kann es sogar vorkommen, dass die Person, die ihrem inneren Kompass folgt, gar nicht bemerkt, dass sich das eigentliche Ziel etwas verändert hat. Sie läuft einfach weiter und fühlt sich auf dem für sie richtigen Weg.

Beide Methoden haben ihre Berechtigung und ihre eigenen Vorteile.
Und jeder Mensch ist in der Lage für sich selbst herauszufinden, ob er oder sie eher ein 25-Jahres-Plan-Typ oder ein Kompass-Typ ist.

Ich persönlich bevorzuge einen Mittelweg.
Grundsätzlich fühle ich mich eher dem inneren Kompass zugehörig. Dieser funktioniert bei mir sehr treffsicher und ich bemerke sehr schnell, wenn etwas für mich nicht in die richtige Richtung führt. Auf der anderen Seite verfolge aber auch ich einige Pläne die mit Meilensteinen gepflastert sind. Mein Trick ist es, wenn ich bemerke, dass sich ein Ziel ein paar Grad nach Westen oder Osten verschoben hat, den Plan ein wenig anzupassen.

Welche Meilensteine sind weiterhin anwendbar und passen zu der Route, die mir mein Kompass anzeigt? Welche sind vielleicht sogar weiterhin unumgänglich und welche können nun getrost links oder rechts liegen gelassen werden.
Ich reagiere flexibel auf sich verändernde Umstände, Stürme, Klippen oder gefährliche Untiefen und steuere so mein Schiff weiter mit Karte und Kompass um die Welt.

Sicher. Auch ich habe eine gewisse Vorstellung davon, wie mein Leben eines Tages aussehen darf.
Doch gleichzeitig möchte ich mir die Freiheit bewahren, die Feinheiten stets ein wenig zu verändern. Ich möchte auch nicht das Jahr oder den genauen Tag wissen, an welchem ich dieses oder jenes Ziel erreiche. Ich genieße die Schleifen und Umwege die ich fahre und behalte stets meinen Kompass im Blick.

Und was soll ich sagen? Das funktioniert für mich ziemlich gut! Mein innerer Kompass zeigt nicht nach Norden. Für manch einen mag er daher kaputt sein. Für mich hingegen ist er eine Garantie für ein aufregendes und abwechslungsreiches Leben. Und dafür bin ich sehr dankbar.

>>> Und? Wie sieht’s bei dir aus? Bist du eher ein Planer und Stratege? Oder eher ein spontaner Kompass-Typ?
Oder vielleicht eine gesunde Mischung aus beidem? <<<